Entzündung im Darm – Neue Erkenntnisse und moderne Labordiagnostik
Christiane Kupsch
Andrea Thiem
Der Darm erfüllt weit mehr Aufgaben als die Verdauung. Er bildet die wichtigste Schnittstelle zwischen Umwelt und Organismus, beherbergt den größten Teil des Immunsystems und steht über die Darm-Hirn-Achse in enger Wechselwirkung mit der Psyche. Wird dieses Gleichgewicht gestört, bleiben die Folgen selten auf lokale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfälle beschränkt. Chronische Entzündungen in der Darmschleimhaut tragen nicht nur zur Entstehung klassischer Krankheitsbilder wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa bei, sondern sind auch mit Erkrankungen verknüpft, die lange Zeit nicht mit dem Verdauungssystem in Verbindung gebracht wurden, darunter Gelenkentzündungen, Neurodermitis, Depression, Demenz oder Parkinson. Im Zentrum dieser Zusammenhänge steht die Darmbarriere. Sie trennt das Darmlumen, den größten Kontaktbereich des Körpers zur Außenwelt, vom inneren Milieu. Wenn die Durchlässigkeit dieser Barriere steigt, („leaky gut“), gelangen bakterielle Bestandteile, Nahrungsmittelantigene oder Umweltgifte in den Blutkreislauf. Besonders Lipopolysaccharide (LPS), charakteristische Bausteine der äußeren Zellmembran gramnegativer Bakterien, spielen hier eine Schlüsselrolle. Gelangen sie ins Blut, aktivieren sie das Immunsystem, stimulieren die Freisetzung von Zytokinen und können eine chronische, oft zunächst symptomarme, aber gesundheitlich gravierende niedrigschwellige Entzündung („silent inflammation“) auslösen. Ein präziser Blick auf die Darmschleimhaut und die Darmmikrobiota bietet daher die Chance, den Ursachen chronisch-entzündlicher Erkrankungen auf die Spur zu kommen. Moderne Labordiagnostik liefert dafür heute präzise Marker, die helfen, auch solche niedrigschwelligen Entzündungen erfassen und individuelle Therapien zu entwickeln.
| Seiten | 8 |
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| Autor | Christiane Kupsch, Andrea Thiem |


